Lebenswandel

[Jesus Christus] Dieses Kapitel beginnt mit Meinem Einzug in Jerusalem. Auf einer Eselin, dem Bild der Demut, nahm Ich als der demütigste Mensch die Huldigungen von so manchen Gläubigen entgegen und begab Mich dann zu den Hochmütigsten jener Zeit, zu den Hohenpriestern und Pharisäern, in den Tempel.

Dort räumte Ich wohl dem Äußern nach dieses Bethaus vom materiellen Mist, indem Ich die Wechsler und Taubenhändler austrieb. Was die Reinigung von dem geistigen Unrate in den Gemütern der Machthaber in jenen Mauern betrifft, mußte Ich es der Zeit überlassen, welcher von ihnen einst gereinigt in Mein Reich gelangen werde. [PH.01_018,01]

[Jesus Christus] Was sich dort während Meines Lebenswandels ereignete, das alles hatte seine geistige Bedeutung in bezug auf das ganze Geister- und Seelenreich. Ich, als Menschensohn auf eurer Erde, stellte das große Prinzip Meiner Liebeslehre vor, wie es alle Entwicklungsstufen des Lebens durchmachen mußten,

damit es, als Beispiel und erreichbares Ziel nicht nur von allen geschaffenen Wesen angestrebt, sondern durch Mein eigenes Beispiel ausgeführt, auch als Wegweiser auf dem langen Wege der geistigen Vervollkommnung im Strahlenglanz Meiner göttlichen Allmacht, Liebe und Weisheit euch zur Nachahmung anregen könne und solle. [PH.01_018,02]

[Jesus Christus] Was Ich im Tempel tat – sowohl die Reinigung desselben als auch Meine Gleichnisreden an die Schriftgelehrten und Pharisäer –, ist geistig genommen das gleiche, was in eines jeden Menschen Herzen geschieht, sobald er sich nur im mindesten für Meine Lehre empfänglich zeigt.

Denn auch dort ziehe Ich dann ein unter dem Bild der Demut und Sanftmut. Dort zieht Mir die frohlockende Seele ebenfalls angeregt durch den in ihr ruhenden Geist, mit Lobgesängen der Freude entgegen. Auch dort ist Mein erstes Augenmerk auf die Ausmerzung der weltlichen Leidenschaften, hauptsächlich des Egoismus – der Handel ist ja das ausgeprägteste Bild desselben –, gerichtet.

Dann fange Ich an, der Individualität der menschlichen Seele gemäß, geistige Nahrung zu verabreichen, welche den Gleichnissen entsprechen, die Ich vor den Schriftgelehrten und Pharisäern redete, die zwar alles nicht im geistigen Sinn begriffen, in welchem Ich es meinte, doch aber die Wahrheit der Vergleiche nicht ableugnen konnten. [PH.01_018,03]

[Jesus Christus] Was taten die Pharisäer und Schriftgelehrten nach Anhörung Meiner Worte? Sie trachteten Mir nach dem Leben und verwarfen Meine Lehre. – Und was tun so viele Menschen, bei denen Ich im Anfang mit Triumph eingezogen bin?

Sie tun das gleiche. Sobald es im Ernst auf Verleugnung und Aufopferung ankommt, kehren auch sie Mir den Rücken, wollen lieber die Eindrücke Meines ersten Kommens vernichten, als ihr materielles Streben nach Glücksgütern und zeitlichem Wohlleben einem geistigen und höheren Leben unterordnen. [PH.01_018,04]

[Jesus Christus] Mein Einzug in Jerusalem und im Tempel stellt auch die Epoche der Bekehrung des einzelnen Menschen, wie der Menschheit im ganzen dar. Hierbei wurden die Vorarbeiten zur geistigen Wiedergeburt in äußeren Verhältnissen angebahnt; dann, stets näher und näher rückend, ging der Angriff auf den Lebenskern, auf das Herz selbst über, um mit einem letzten Hauptversuch den ganzen Kampf gegen alle äußeren Widerwärtigkeiten mit dem Sieg über das Hauptbollwerk zu vollenden. [PH.01_018,05]

[Jesus Christus] Auch während Meiner Lehrzeit hielt Ich Mich größtenteils in abseitsgelegenen Städten und Dörfern auf und suchte Mir gerade dort, unter dem mehr unverdorbenen Volk und unter den Heiden, Gläubige zu gewinnen.

Erst als das Ende Meiner irdischen Laufbahn herannahte, begab Ich Mich, und zwar freiwillig, in jene Orte – wie eben Jerusalem und sein Tempel einer war –, von denen Ich im voraus wußte, daß Meine Lehre dort den größten Widerstand erfahren werde.

Ich sah aber auch voraus, daß, wenn mit dem weiteren Erfolg in Meiner Lehrzeit sich materiell alles für Mich verschlimmern werde, dann gerade geistig der Triumph Meiner Wahrheits- und Liebelehre am größten sei.

Ich wußte wohl, daß, wenn Ich – nicht wie früher, wo Ich Meinen größten Widersachern und Feinden aus dem Wege ging – jetzt Mich in ihre Nähe begeben würde, Ich ihren Racheplänen nicht entgehen werde; allein, so war es von Mir bestimmt, so mußte es kommen.

Nur so konnte Meine Lehre für die Ewigkeit Bestand und Dauer gewinnen. [PH.01_018,06]

[Jesus Christus] So würde der Same, welchen Ich in Judäa und Palästina und anderen Orten säte, nicht auf unreifen Boden fallen; denn mit Meiner Auferstehung krönte Ich Mein ganzes Werk, und jede spätere Verfolgung, jede größere Trübsal und jedes Leiden, welches Meinen Gläubigen zustieß, vermehrte und bestärkte Meine Anhänger. Jedes Ereignis in diesem Sinne legte einen Stein zum großen Gebäude Meiner geistigen Schöpfung, das einst als geistiges Jerusalem der Mittelpunkt alles geistig-himmlischen Lebens sein wird. [PH.01_018,07]

[Jesus Christus] Was Jerusalem für die Juden war, das soll Meine Schöpfung für Meine Geister und Seelen werden; und was der Tempel als Wohnort Jehovas im Allerheiligsten war, das soll einst jedes lebende Herz werden, – nämlich der Tempel, in welchem Ich Meine Wohnung aufschlagen kann, ohne Mich Meiner Behausung zu schämen. [PH.01_018,08]

[Jesus Christus] [PH.01_018,09] Wie es mir in jener Zeit ergangen ist, so wird es den Menschen im allgemeinen und dem Menschen im einzelnen ergehen. Je mehr der Mensch anfangen wird, sein Inneres Mir zuzuwenden, desto mehr der Widersprüche wird er vernehmen; denn mit dem geistigen Fortschritte wachsen die Feinde, welche ihn bekämpfen und verhindern wollen. [PH.01_018,09]